Schneewittchen auf der Erbse
Dirk SchortemeierSchneewittchen auf der Erbse
Eine musikalische Märchenstunde
Musikalische Besetzung: Klavier
1 D, 1 H, 1 Pianist, Verw - Dek
Was mussten Märchen sich nicht schon alles anhören. Zu grausam seien sie, mit ihren menschenfressenden Wölfen und sadistischen Hexen, die am Ende aufgeschlitzt und im Ofen verbrannt werden. Zu voll gestopft mit Aberglauben und dumpfen Stereotypen. Die Ideologiekritik hat sie als Instrument bürgerlicher Repression beschimpft, die Psychoanalyse in ihnen nichts anderes erkannt als ein dürftig verkleidetes Triebtheater. Und am Ende kommt dann immer noch die dick aufgetragene Moral. Wer tut sich das im 21. Jahrhundert noch an?
Dirk Schortemeier hat es sich angetan – begleitet von Gesang, Piano und einer gehörigen Lust an der Travestie. Da wird „Rotkäppchen“ als rasantes Roadmovie erzählt – mit Strapsen und Maschinengewehr – oder als auch Slapstick, der die Splatter-Geschichte von Wolf und Großmutter vor lauter Schnittmengen und konvexen Hüllen auf eine herrlich geometrische Pointe bringt. „Dornröschen“ wird zur glitzernden Hollywood-Romanze, mit heißen Partys, Celebrities und einem Knutscher vom hübschen Macker am Schluss. „Hänsel und Gretel“ hingegen wird als Ehe- und Sozialdrama präsentiert, das endlich der Frage nachgeht, wie es denn sein kann, dass Eltern ihre Kinder mutterseelenallein in den Wald schicken…
Und so gerät „Schneewittchen auf der Erbse“ zum fröhlich-bösartigen Märchen-Medley, das die altehrwürdigen Geschichten der Gebrüder Grimm lustvoll durch den Wolf dreht und dabei kräftig den Staub der Jahrhunderte aus allen Winkeln pustet. Unter Einsatz aller musikalischen Mittel – Chansons, Tangorhythmen, Vokalisen, Soundcollagen vom Band, Perkussionen mit Bongo und Rumbakugel – beweist Schortemeier: Märchen sind so heutig wie damals, sie wollen immer wieder und immer anders erzählt werden.
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