Nachtasyl

Maxim Gorki
Nachtasyl
(Na dnje)
Stück in 4 Akten
Deutsch von Wolf Christian Schröder
3 (5) D, 8 (12) H, Verw - Dek
In der Eiseskälte des Nachtasyls tummeln sich die Verlierer der Gesellschaft: der ausgeschlossene Rest, die Überflüssigen, ehemalige Arbeiter und Kleinbürger, die unter die Räder gekommen sind. In prämortaler Lethargie warten die einen auf das Jenseits, ergeben sich dem Suff, oder streiten um ein paar Kopeken und den letzten Rest Würde. Die anderen hoffen auf eine Erlösung im Diesseits und gehen dafür über Leichen.

Da ist etwa der Schlosser Kleschtsch, der anteilslos zusieht, wie seine Frau verreckt. Oder die Prostituierte Nastja, die Groschenromane verschlingt, um sich in eine zärtliche Romanze mit einem Grafen zu halluzinieren. Neuling Luka ist ein Prediger, der den Glauben an Gott als nützliche Fiktion verkauft, während Totschläger Satin sein Dasein mit Falschspiel fristet. Der Schauspieler träumt von einer Rückkehr auf die Bühne, wohingegen Frau Kletschtsch erleichtert und für immer abtritt. Wassilissa wiederum ist die Frau des Herbergsvaters Kostyljew und führt in der Unterkunft ein eisernes Regiment. Als ihr junger Liebhaber Wasska sich ihrer Schwester Natascha zuwendet, stiftet sie ihren Mann Kostyljew dazu an, Natascha die Beine mit kochendem Wasser zu verbrühen. Sie setzt damit eine fatale Kettenreaktion in Gang.

Das Nachtasyl ist der absolute Nullpunkt, ein Lager, in dem alle vormaligen Hierarchien suspendiert sind, wo das Leben draußen nur eine blasse Erinnerung ist: „Hier gibt es keine Herren“, sagt der Säufer Bubnow, hier „ist alles verblichen, nur der nackte Mensch ist übrig geblieben.“ So ist Gorkis „Nachtasyl“ ein Experiment zur Bestimmung dessen, was Humanität ausmacht: Was ist der Mensch, wenn alle Fassaden verschwinden?


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