A Sense of Detachment
John OsborneA Sense of Detachment
Stück in 2 Akten
3 D, 7 H, 1 Dek
Sechs Personen – der Vorsitzende, Chap, eine Frau, eine alte Dame, der Vater und der Großvater – betreten jeweils mit einem Stuhl in der Hand eine nahezu leere Bühne. Im Hintergrund eine Leinwand, außerdem eine Drehorgel und ein Piano. Womit soll man beginnen? Alles ist schon einmal gesagt, alles schon gespielt worden. Ratlosigkeit. Im Publikum wird es unruhig, man beschimpft die Schauspieler, dieselben schimpfen zurück. Man beginnt zu improvisieren, von der Leinwand winkt ein Politiker, dazu Beethovens Neunte, Songs werden gesungen, die Drehorgel gespielt. Dann Pause.
Wieder auf der Bühne beginnt Chap, der Frau von Gloria zu erzählen, von Pat und Arabella, von Betty und Gladys – die Geschichten seiner unglücklichen Lieben. Die alte Dame rezitiert trocken pornographische Texte, Vater und Großvater stimmen mit klassischer Liebeslyrik ein, der Vorsitzende verliert die Kontrolle. Bilder von Mann und Frau werden heraufbeschworen, aus der Kunst, der Bibel, der Medizin, die das Mysterium der Liebe reduzieren auf eine gewaltsame Inbesitznahme des Mannes, auf ein bloßes ökonomisches Kalkül. Und doch geschieht das Wunder, mitten auf der Bühne: Chap und die Frau verlieben sich ineinander.
„A Sense of Detachment“ von John Osborne ist nichts weniger als die Zertrümmerung der romantischen Liebe wie auch der theatralen Form – postdramatisch, wenn man so will – und ihre Instandsetzung in ein und demselben Stück. „A Sense of Detachment“ beschreibt dabei ein modernes Grundgefühl: das Gefühl einer unüberbrückbaren Distanz, ein paradoxes Gefühl, abgeschnitten zu sein von jeglichem Gefühl. Osborne aber begnügt sich nicht damit, die Fragmente vorzuzeigen, er lässt die Bilder, Worte und Klänge sprechen, bis etwas Neues entsteht – und beweist damit, dass er nicht nur zu den feurigsten Widersachern des Britischen Theaters gehörte, sondern auch zu dessen größten Erneuerern.
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