Oberst Redl - Ein Patriot

John Osborne
Oberst Redl - Ein Patriot
(A Patriot for Me)
Stück in 3 Akten
Deutsch von Maximilian Schell
4 D, 24 H, St, Verw - Dek
Ein Wiener Ballsaal im Winter 1902. Ein Paar singt das Duett der ersten Szene des Figaro, livrierte Diener reichen Champagner, die Dame des Hauses dirigiert mit dem Fächer bizarr kostümierte Schönheit durch den Raum. Erst nach und nach geht dem Zuschauer auf, was genau er hier sieht: Im pompösen Ballkleid der Gastgeberin steckt ein Mann, auch den anderen Damen wachsen drahtige Schnurrbärte – wir befinden uns auf einem Schwulenball, die Gäste sind Offiziere der Kaiserlichen Armee.

Inmitten dieser Gesellschaft steht Alfred Redl, Geheimdienstleiter und selbst homosexuell, ein Außenseiter unter Außenseitern. Das Stück erzählt seine Geschichte, die Geschichte von Aufstieg und Fall eines Landesverräters, die auf einer wahren Begebenheit beruht: Auf dem Gipfel der Macht angelangt, wird Redl durch seinen Lebenswandel erpressbar und arbeitet als Doppelagent der Russen, plaudert sensible Informationen über Mobilmachungspläne und Truppenstärken des Kaiserreichs aus. Nach der Enttarnung seines Schattendaseins nötigt der Generalstab Redl zum Suizid. Auf den Einwand, Redl sei doch Patriot gewesen, soll Kaiser Franz Joseph I. lapidar gesagt haben: „Ja, aber war er auch ein Patriot für mich?“

John Osborne rückt Redls Homosexualität in den Mittelpunkt und macht aus dem historischen Stoff eines seiner reichhaltigsten Stücke: einen Polit-Thriller über das schillernde Leben eines Nonkonformisten, eine tragische Parabel über Ausgrenzung, Repression und die Verquickung von Eros und Macht – sowie eine dramatische Investigation zu der Frage, wo die Freiheit des Individuums endet und wo die Freiheit des Staates beginnt.


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