Lambert Veigerl macht sein Testament

Lotte Ingrisch
Lambert Veigerl macht sein Testament
Komödie in 2 Akten
7 D, 4 H, 1 Dek
Lambert Veigerl macht sein Testament. Das muss er auch, denn kaum hat der emsige Schuster die Schulden für Werkstatt und Wohnung abbezahlt, da klopft auch schon der Tod – in Gestalt des adrett gekleideten Fräulein Schwarz – an die Tür. Mit ein bisschen Bitten und Betteln lässt die Dame sich zwar auf einen späteren Termin vertrösten, dass aber die Erbfrage nunmehr einer zeitnahen Klärung bedarf, liegt auf der Hand. Zumal der neue Reichtum des armen Schusters Begehrlichkeiten weckt.

So leicht ist es aber nicht, sein Testament zu machen. Wer erweist sich überhaupt als seines Vermögens würdig? Natürlich denkt Lambert an seine Frau Lintschi, die ihm fantastische Torten backt. Doch was ist, wenn sein Geld nach Lamberts Ableben einen anderen Mann glücklich macht? Eher kommt noch Tochter Karla in Frage, deren Verlobter Joschi aber arbeitsloser Schauspieler ist und, recht bedacht, dem Papa überhaupt nicht in den Kram passt. Vielleicht doch Schwester Käthe? Die hat sich immer für was Besseres gehalten. Jugendfreund Julius? Der schaut ihn so schief von der Seite an, als würde er ihn für das Erbe um die Ecke bringen – kalt lächelnd.

Während der Veigerl Lambert ein Testament nach dem anderen aufsetzt und wieder zerreißt, lichten sich im Zuge seines misstrauischen Rundumschlags die Reihen derer, die überhaupt noch erben wollen. Außerdem fällt dabei ein Licht in dunkle Ecken der Vergangenheit seines Freundeskreises, die vielleicht besser unbeleuchtet geblieben wären. So wird es am Ende Lamberts größtes Vermächtnis sein, die verursachten Schäden wieder zu beheben…

Lotte Ingrischs Testamenttheater nimmt die großen Katastrophen in der kleinbürgerlichen Welt auf’s Korn, ohne sie je zu denunzieren. Eine geradezu bernhardeske Komödie, nur liebevoller.


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