Käfer-Revue

Dirk Schortemeier
Käfer-Revue
In zwei Teilen
Musikalische Besetzung: Klavier und Schlagzeug
4 D, 4 H, Verw - Dek

Knubbelig, knatternd, kaum tot zu kriegen: der Käfer. Das erste Modell bekam Adolf Hitler von Ferdinand Porsche zum Geburtstag, da war der Käfer noch der „KdF-Wagen“ und sozialpolitisch getarnter Teil der Mobilmachung. Doch auch nach dem Krieg fuhr der „Kugelporsche“, Sinnbild deutscher Tüchtigkeit, weiter durchs neue Wirtschaftswunderland, wälzte sich in Blechlawinen über die Alpen und hinunter zum Badeurlaub an die Riviera. Und selbst wenn einen die Heizung dabei nicht selten zur Weißglut brachte – kein Gefährt wurde von den Deutschen so geliebt wie er.

Heinz Ratke, Betriebsrat bei Volkswagen, hat mit dem bundesrepublikanischen Kultauto allerdings so seine liebe Mühe. Nicht nur, weil ihm wegen chronischer Überlastung bei seiner Schichtarbeit die Freundin weggelaufen ist. Oder er sich in der Lackiererei eine Bleivergiftung zugezogen hat. Viel schlimmer ist, dass die Käferproduktion stockt – 50 Jahre nach seiner Taufe durch den Führer läuft das Erfolgsmodell nicht mehr. Und nun stehen Entlassungen an. Mit dem ökonomischen Absturz kommt aber auch der moralische: die dunklen Seiten der glänzenden Käfer-Geschichte treten ans Tageslicht.

Dirk Schortemeier verknüpft in seiner „Käfer-Revue“ virtuos die Geschichte der Arbeiterfamilie Ratke mit dem Schicksal des vierrädrigen Titelhelden des deutschen Nachkriegsaufschwungs. Zwischen bunten Show-Nummern, kabarettistischen Einlagen und Songs wie Zarah Leanders „Davon geht die Welt nicht unter“ oder Hans Albers’ Interpretation von „Goodbye, Johnny“ lässt Schortemeier kein heißes Eisen aus: Nazi-Vorgeschichte, Zwangsarbeit, die ausbeuterischen Praktiken der VW-Werke in Südamerika, Arbeitslosigkeit und Umweltverschmutzung. Dabei entsteht ein schillernd abgründiges Panorama zu einem der zentralen Kapitel der jüngeren deutschen Vergangenheit.


Zurück zur Übersicht