Schneesturm *
Leonid LeonowSchneesturm *
(Metel)
Schauspiel in 4 Akten
Deutsch von Ingeborg Gampert
6 D, 9 H, Verw - Dek
Die Angst geht um in dieser sowjetrussischen Provinzstadt im Jahre 1938. Stalins Macht hat ihren Höhepunkt erreicht: man schnüffelt, man denunziert, man deportiert. Auch Stepan, der nach der Revolution die Frau seines offiziell toten Bruders Porfirij geheiratet hat, lebt in Angst. Denn der herzkranke Lopotuchin kennt Stepans Geheimnisse: dass Porfirij in Wahrheit fahnenflüchtig ist. Und dass Stepan selbst, obwohl gerade von der Partei befördert, Gelder nach Paris geschafft hat, um seine eigene Flucht vorzubereiten.
Auf der Neujahrsfeier, draußen tobt ein Schneesturm, spitzt sich die Lage zu. Stepan muss befürchten, dass er aufgeflogen ist, denn aus der Hauptstadt ist ein Funktionär unterwegs, um eine Betriebskontrolle durchzuführen. Außerdem hat Soja, Stepans Nichte, die er nach dem Verschwinden Porfirijs adoptiert hat, das Lügen satt und legt vor Kommilitonen und ihrem Bräutigam eine Beichte über ihren Vater ab. Dafür wird sie sofort von der Gemeinschaft verstoßen. Richtig turbulent wird die Situation jedoch, als der so lange verschollene Porfirij völlig unerwartet selbst in der Tür steht – mittlerweile heldenhafter Kämpfer im Widerstand gegen das Franco-Regime.
Leonid Leonow, Dostojewski-Bewunderer, Delegierter des Obersten Sowjet und einer der wichtigsten Schriftsteller der sowjetrussischen Literatur der 20er bis 40er Jahre, leuchtet in „Schneesturm“ mit größtem psychologischen Scharfsinn die innersten Funktionsprinzipien des Totalitären aus: den Einschluss der Menschen durch das eiserne Band von Terror und Angst, das ihnen jeden Raum des spontanen Handelns und der Freiheit nimmt. Ein Stück von bewundernswertem Mut – schließlich sollte 1940, zum Zeitpunkt der Entstehung von „Schneesturm“, Stalins Schreckensherrschaft noch mehr als ein Jahrzehnt währen.
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