Konditorei Myriam
Ivan KlímaKonditorei Myriam
(Cukrárna Myriam)
Einakter
Deutsch von Alexandra und Gerhard Baumrucker
3 D, 10 H, 1 Dek
In der Konditorei Myriam hat man sich für die älteren Damen und Herren eine ganz besondere Köstlichkeit einfallen lassen: vergiftete Marzipanpilze. Allerdings NUR für die älteren Damen und Herren, und auch nur für diejenigen, die alleinstehend sind und über eine eigene Wohnung verfügen. Denn sind die Herrschaften erst einmal ihren süßen Tod gestorben, so kann man über eine dubiose Genossenschaft den dringend benötigten Wohnraum an die junge – und vor allem: Schmiergeld zahlende – Generation weitergeben.
Auch Julie und Petr suchen eine Wohnung, das Geschäftsgebaren der Konditorei jedoch halten sie für moralisch fragwürdig. Petr glaubt sogar, es handele sich um ein Verbrechen und benachrichtigt die Polizei, den Staatsanwalt und den Herrn Abgeordneten. Doch wie sich herausstellt, hat auch die Polizei schon eine Wohnung in Auftrag, der Staatsanwalt gehört zur Genossenschaft und der Herr Abgeordnete hat sie sogar gegründet – was tut man nicht zum Wohle der kommenden Generationen. Für Petr, der seine Wut über die Verlogenheit der Gesellschaft nun öffentlich macht, hat man allerdings Verständnis: man ehrt ihn als Mahner, entfernt ihn und macht dann weiter wie gehabt.
Ivan Klímas zuckerböse Satire „Konditorei Myriam“ ist zur Zeit des „Prager Frühlings“ entstanden – einer Zeit, als Klíma Leitender Redakteur der Zeitschrift „Literárni noviny“ war und sich vehement für Reformen einsetzte. Doch ist es mit Reformversprechen wie mit vergifteten Marzipanpilzen – sie sind zu süß, um bekömmlich zu sein. Und so hat Klíma mit „Konditorei Myriam“ dieser Reform und auch allen anderen Reformen, mit denen eine machtversessene Polit-Elite das Volk mittels scheinbarer Mildtätigkeiten hintergeht, ein finsteres und zugleich ätzend komisches Mahnmal gesetzt.
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