Klara und zwei Herren
Ivan KlímaKlara und zwei Herren
(Klára a dva páni)
Einakter
Deutsch von Alexandra und Gerhard Baumrucker
1 D, 1 H, 1 Dek
Klara hat Musik aufgelegt und möchte tanzen. Ein paar Stunden ungetrübten Glücks erleben, in denen die drückende Stille ihrer Wohnung verfliegt und mit ihr die Schatten der Vergangenheit. Auch der Herr, den sie mit zu sich nach Hause gebracht hat, hätte gegen Glück nichts einzuwenden. Auf eine ganz ähnliche Art: Sein Glück ist das Abenteuer dieser Nacht, fern von Frau und Kindern, und nun erhofft er sich von seiner hübschen, aber undurchsichtigen Zufallsbekanntschaft etwas mehr als nur ein paar keusche Küsse.
Die zärtliche Zweisamkeit aber will sich nicht recht einstellen. Immer wieder klingelt das Telefon – meist anonyme Anrufer, die den Herrn sprechen wollen, der sich zusehends beobachtet fühlt. Noch beängstigender allerdings sind die Geräusche aus der Nachbarwohnung. Dort liegt ein zweiter Herr, krebskrank, der nach seiner Morphiumspritze ruft, und der verfolgt wird von wirren Erinnerungen an Stacheldraht und bellende Hunde. Gänzlich verflogen ist das romantische Hochgefühl des nächtlichen Verehrers jedoch, als sich herausstellt, dass Klara und den todkranken Mann mehr verbindet als bloße Nachbarschaft…
„Klara und zwei Herren“ von Ivan Klíma, der sich in seinen Stücken immer wieder mit dem Leben in totalitären Systemen auseinandersetzt, ist ein lyrisch-surreales Nachtkammerspiel über die unstillbare Sehnsucht nach dem Glück und die Zerbrechlichkeit der Intimität. Die Politik ist hier nur schattenhaft zugegen, im Gestammel des kranken Nachbarn, im bangen Aufhorchen des Liebhabers oder Klaras vorgeschobener Naivität. Dennoch zeigt sich darin auch das politische Scheitern einer Gesellschaft, in der die Menschen kaum noch zueinander finden können – es sei denn im Misstrauen.
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