Frank N. Stein oder Die Erschaffung der wahren Liebe

Michael Seyfried
Frank N. Stein oder Die Erschaffung der wahren Liebe
Stück in 11 Bildern
5 D, 7 H, Verw - Dek
Der Forscher als selbsternannter Handlanger der Evolution: Frei nach Nietzsches Lehre vom Übermenschen will der junge Molekularbiologe Frank-Norbert Stein einem neuen, besseren Wesen Gestalt verleihen.

Frank stammt aus einem kleinstädtischen Pfarrhaushalt, doch er hat diesen begrenzten Rahmen hinter sich gelassen, zählt zu den größten Wissenschaftlern der Welt. Die von ihm entwickelte Biomasse C.L.A.Y. (Cybernetically Linked Atoms Yonder) aus künstlichen Molekülen ist eine medizinische Revolution: Jedes kranke oder verlorene Element des menschlichen Organismus – Knochen, Gewebe, bis hin zu Gehirnflüssigkeiten – können mit dem modernen "Lehm" nachsimuliert werden. Nicht nur das Ende des illegalen Organhandels, letztlich der Sieg über alle Krankheiten! Doch in seinem Ehrgeiz schießt Frank über das Ziel hinaus: Es genügt ihm nicht, einzelne Bausteine des Menschen auf künstlichem Wege zu erzeugen. Bedingt durch den tragischen Verlust seiner geliebten Zwillingsschwester Eva in der Kindheit treibt ihn eine größere Vision: Er will die Verstorbene reaktivieren, komplett künstlich, genetisch mit dem Original identisch und doch mit einigen physischen und psychischen Beschönigungen…

Das Experiment gelingt. E.V.A. (Eternally Vital Anatomy) ist nicht nur körperlich perfekt – resistent gegen Erreger und ohne Alterungsprozess – sondern auch seelisch: Aufgrund ihrer hormonellen Konstruktion ist sie liebreizend und klug; Aggression, Neid, Eifersucht, etc. sind ihr fremd. Doch Frank muss schmerzlich feststellen, dass EVA fast "zu gut" für diese Welt ist: Die Gesellschaft spricht dem synthetischen Wesen die Menschenrechte ab. EVA stellt nicht nur eine Bedrohung der fundamentalen Werte wie Familie, Elternschaft, Erziehung und christlicher Traditionen dar, sondern unsere gesamte Gattung in Frage: Wenn dereinst künstliche Geschöpfe vollkommener sind als wir selbst, worin besteht dann unsere Daseinsberechtigung? Frank N. Stein zerbricht an der Ablehnung seines Geschöpfes durch die Gesellschaft und an der eigenen Unfähigkeit, sein Wesen zu lieben.

Mary W. Shelleys Mythos FRANKENSTEIN ist nicht nur etwa zur selben Zeit entstanden wie Goethes FAUST: Wie in einem Brennglas verdichten sich in beiden Stoffen die zentralen Fragen nach menschlicher Verantwortung, Identität und Seele. In FRANK N. STEIN werden diese Themen in klare, heutige Sprache umgesetzt. Szenen und Charaktere erzählen sich leichtfüßig, mit tragikomischem Charme, es "menschelt" vertraut. Die hehren Ansprüche der Hauptfigur finden ihren banalen Widerpart in der kleinbürgerlichen Personage seiner Herkunft: Frank kann seine Wurzeln nicht abstreifen. Dem übersteigerten Ideal der vollkommenen, im Labor geschaffenen Liebe, stehen vergebliche Versuche der Protagonisten gegenüber, die Liebe auf angemessene, "normale" Weise zu leben.

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