Der gute Doktor Guillotin

Charles Lewinsky
Der gute Doktor Guillotin
Schauspiel in 10 Szenen
1 D, 6 H, Verw - Dek
Welche Verantwortung trägt ein Erfinder für seine Erfindung? Kann er sich, wenn sie als Mittel zum Massenmord verwendet wird, darauf herausreden, dass er das ja alles nicht gewollt hat? Gibt es überhaupt so etwas wie „reine Wissenschaft“?

Um diese Fragen geht es in diesem Stück über den Arzt und Weltverbesserer Dr. Ignace Guillotin. Von den Wirren der Französischen Revolution in die gesetzgebende Versammlung gespült, sieht er die Gelegenheit gekommen, ein lang gehegtes Anliegen endlich zu verwirklichen. Dr. Guillotin ist nämlich ein überzeugter Gegner der Todesstrafe. Sollte es in der neuen Zeit, die doch alles besser machen will, nicht möglich sein, endlich zu erreichen, dass niemand mehr auf grausame Weise hingerichtet wird?

Als er mit diesem radikalen Antrag nicht durchkommt, versucht er, zumindest einen Kompromiss durchzubringen. Nicht mehr der Henker, mit all seinen menschlichen Schwächen, soll für Hinrichtungen zuständig sein, sondern eine moderne, technisch hochgerüstete Maschine. Damit die zum Tode Verurteilten ihr Leben wenigstens schmerzlos beenden.

Dr. Guillotin bedenkt dabei nicht, dass so eine praktische Tötungsmaschine dazu verlockt, sie auch zu benutzen. Wenn es einfacher wird, Menschen umzubringen, dann werden auch mehr Menschen umgebracht. Und es gibt immer Leute, die in einer neuen Erfindung vor allem die kommerziellen Möglichkeiten sehen. Ein gewiefter Geschäftsmann macht daraus einen Verkaufsschlager. Denn wozu sind Erfindungen da, wenn nicht, um damit reich zu werden?

Irgendwann stehen überall die Guillotinen und tun ihre Arbeit. Und Dr. Guillotin, der naive Gutmensch und Weltverbesserer, kann überhaupt nicht verstehen, warum sie ausgerechnet seinen Namen trägt. Wo er doch nur das Beste wollte.

Aber eben: so mancher, der die Welt verbessern wollte, hat das Gegenteil erreicht.

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