The Remarkable Rooming House of Mme. Le Monde

Tennessee Williams
The Remarkable Rooming House of Mme. Le Monde
Stück in einem Akt
1 D, 3 H, 1 Dek
Ein Londoner Dachboden als Folterkammer: Mint, ein zart besaiteter Mann in Schuluniform, hüftabwärts gelähmt, fristet hier sein Dasein. Fortbewegung ist ihm nur über Metallhaken möglich, die über den ganzen Raum verteilt sind – wie ein Affe schwingt Mint von einem Haken zum nächsten. Regelmäßigen Besuch bekommt er von Boy, blond und muskelbepackt, einer der unzähligen Söhne der drakonischen Vermieterin Mme. Le Monde, der den wehrlosen Mint hinter dem Rücken seiner Mutter für sadistische Sex-Spiele missbraucht.

Heute hat sich immerhin Hall angekündigt, Mints alter Schulfreund, aktuell Mme. Le Mondes Liebhaber und Aktienhändler. Eine seltene Gelegenheit für Mint, eine Tasse Tee zu trinken, vielleicht einen Keks zu bekommen. Hall jedoch hängt den hungernden Mint erst an den falschen Haken und feiert dann die Herrlichkeit seiner selbst: seine Geschäftsabschlüsse, seine besonders männliche Anatomie – Garanten eines überaus erfüllten Sexuallebens. Das traute Beisammensein aber endet jäh: Mme. Le Monde, die Wind bekommen hat von den Orgien auf ihrem Dachboden, ist gekommen, um Mint zu bestrafen – mit tödlicher Präzision.

Sexsucht, Börsenwahn und entfesselte Märkte: „The Remarkable Rooming House of Mme. Le Monde“ von Tennessee Williams, kurz vor seinem Tod geschrieben, verwandelt die Welt in einen Sado-Maso-Club – nichts ist hier sicher, außer der Eskalation der Gewalt. Zuchtmeisterin Mme. Le Monde, die Haare zum Atompilz hochgesteckt, wird dabei zum wahnwitzigen Symbol eines perversen Kapitalismus: ihr Profit ist die Vernichtung. Ein Stück voller Abscheu und Lust, Voyeurismus und Moral – nie war Williams radikaler, seine Poesie nie dunkler.


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