Komplize

Joe Sutton
Komplize
(Complicit)
Stück in 2 Akten
Deutsch von Klaus Chatten
1 D, 2 H, Verw - Dek
Benjamin Kritzer, 49, amerikanischer Journalist und Pulitzer-Preisgewinner wird zu einer außergerichtlichen Anhörung geladen, zu der noch nicht einmal sein Anwalt Roger Cowan Zutritt hat.

Vor einem Jahr hat Ben auf BBC ein Interview gegeben, in dem er sich nach den Angriffen auf das World Trade Center zu der veränderten Haltung der amerikanischen Regierung zum Thema Folter äußerte. Durch seine Quelle im Pentagon konnte Ben in Erfahrung bringen, dass dort seit längerer Zeit ein Memorandum in Umlauf ist, demzufolge nur noch solche Handlungen als Folter bezeichnet werden, die zu Organstörungen führen, ein Memorandum also, das die Genfer Konvention faktisch außer Kraft setzt.

Gleichzeitig begannen die Vereinigten Staaten damit, Terrorverdächtige in ausländische Geheimgefängnisse zu überstellen - vorzugsweise in solche Länder, in denen bestialische Misshandlungen auf der Tagesordnung stehen, die dort unter dem Euphemismus "Gesteigerte Befragung" durchgeführt werden. Ben befindet sich im Besitz unterzeichneter Anweisungen, die all diese Maßnahmen ausführlich belegen.

Die Regierung hat nur ein Ziel: Das undichte Leck in den eigenen Reihen herausfinden und das Leck stopfen. Die Frage also lautet: Wer ist Bens Informant?

Ben Kritzer beruft sich auf seine Journalistenehre, auf den Schutz seiner Quelle, eines wesentlichen Grundpfeilers der Pressefreiheit. Aber damit kommt er in diesen harten Zeiten nicht durch. Rein faktisch befinden sich die Vereinigten Staaten im Kriegszustand. Hat Ben mit seinem Bericht die Sicherheit des Landes gefährdet? Ist er ein Verräter? Andererseits breitet sich in den USA seit den Angriffen ein Phänomen immer weiter uferlos aus, dem scheinbar nur die Vierte Gewalt im Staat, die freie Presse, Einhalt gebieten kann: Uneingeschränkte Macht ohne Kontrolle.

"Man kann sehen, wie man uns sämtlicher Freiheiten beraubt. Es geschieht in Zeitlupe."

Wie im Treibsand kämpft der Protagonist um seine Existenz, seine Freiheit, sein Leben. Und um sein Gewissen. Denn im Spätherbst des Jahres 2001 veröffentlichte Ben selbst eine persönliche Stellungnahme zum Thema Folter, die er heute für den größten Fehler seines Lebens hält.

Ist Benjamin Kritzer also noch nicht einmal der Michael Kohlhaas, für den wir ihn über den weitesten Zeitraum seiner Geschichte halten, sondern einfach nur: "Komplize"?

Ein beängstigendes Porträt des Klimas für Journalisten in den USA, und nicht nur in den USA, seit dem 11. September.

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