Separatfrieden

Tom Stoppard
Separatfrieden
(A Separate Peace)
Stück in einem Akt
Deutsch von Wolf Christian Schröder
4 D, 1 H, 1 Dek
Beechwood Privatklinik, halb Drei am Morgen. John Brown, im Anzug und mit einem Koffer voller Geld, steht am Empfang und verlangt ein Zimmer. Ein Notfall. Zwar fehlt ihm nichts, gesundheitlich ist John Brown in bestem Zustand, doch braucht er einen Ort, an dem er bleiben kann. Einen Ort der geregelten Abläufe, der stillen Routine, wo das Essen zur immer gleichen Zeit aufgetischt wird, immer frische Wäsche bereitliegt und „die Zeit vergeht und zu nichts führt“. John Brown ist auf der Suche nach einem Rückzugsort vom Lärm des Alltags, seinem „Separatfrieden“, und er ist bereit, dafür viel Geld zu zahlen.

Für das Krankenhauspersonal jedoch ist John Brown, der Kranke ohne Krankheit, ein Fehler im System: Ist er ein Simulant? Ein exzentrischer Millionär? Ein Krimineller auf der Flucht? Ein Psychopath? Oder gar ein Terrorist? Während die Klinikleitung hektisch versucht, einen Sinn im scheinbar Sinnlosen zu erkennen und den freiwilligen Patienten psychiatrisch und behördlich durchleuchten lässt, treten immer mehr Ungereimtheiten zutage – John Browns Vergangenheit im Militär, seine Kriegsgefangenschaft, der Kontaktabbruch zur Familie. Am Ende gibt es nur noch eine Person, die das Geheimnis des John Brown lüften kann: die junge Schwester Maggie, die ein besonderes Vertrauensverhältnis zu „Brownie“ aufgebaut hat…

Eine Welt am Rande des Burn out: Mit seiner Ausstiegsutopie „Separatfrieden“ trifft Tom Stoppard exakt den Nerv einer Gesellschaft, die im täglichen Kampf um Karriere, Sicherheit und etwas Überblick im pausenlosen Kommunikationsfeuer der „neuen Medien“ eigentlich nur noch eines will: in Ruhe gelassen werden. Bei Stoppard ist der Ausstieg jedoch kein Wochenende im Wellness-Hotel, sondern ein durch und durch politischer wie künstlerischer Akt. Wie sonst wohl nur Melvilles Bartleby mit dem berühmten Slogan I would prefer not to beschwört Stoppards John Brown das Individuum als Quelle der Freiheit und die subversive Kraft der Negation: Der wahre Wahnsinn findet dort draußen statt, jenseits der Krankenhausmauern.


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