Drei im Kreis

Sebastian Brauneis
Drei im Kreis
Schauspiel in 11 Runden
2 D, 2 H, 1 Dek
Am Anfang ist da ein toter Körper. Ein Leib, aus dem das Leben sich verflüchtigt hat. Die Bühne betritt: eine Frau ohne Geschichte. Mit sich führt sie eine Tasche ohne Boden. Bald wird sie Gesellschaft von einem Mann erhalten, dessen Name niemals fällt. Stattdessen erfahren wir von seinen Eigenschaften, seiner Sanftmut, seiner Güte. Er ist da, wann immer sie ihn braucht. Auch wenn er nicht spricht. Ganz im Gegensatz zu dem anderen, Pecu, der fortwährend redet. Er ist der, mit dem die Frau, Baby, in einer Beziehung lebt.
Die ersten Worte gelten ihm – eine Frage, vielleicht ein Vorwurf: „Wo bist du gewesen?“

Wir begegnen Pecu und Baby zu einem unbestimmten Zeitpunkt ihrer Beziehung. Sie haben eine Geschichte miteinander, Körper, die sich kennen. Die Krise ist virulent: Die Sprache der Liebe ist zugleich eine Sprache der Macht, der Besitzverhältnisse. Worte der Nähe wechseln sich ab mit dem gegenseitigen Aufrechnen der Defekte und Versäumnisse: Beziehung als Geschäftsmodell. Gesetzte Zuwendungen fallen in eins mit gesetzten Gemeinheiten im verzweifelten Ringen um verbindende Gefühle.

Es sind die einfachen Bilder, die komplexe Verhältnisse verständlich machen. Und es ist die entlarvende Kraft der Sprache, die das Unsagbare vor Augen führt. In Drei im Kreis haben die Worte einen doppelten Boden: Da sind diese Menschen, die mit sich und an einander etwas über sich selbst herausfinden wollen. Und zugleich verhandeln sie universale Konzepte: Geld, Glaube und das ewig unvollkommene Menschliche. Sie tun dies in der Urform der Erkundung von Wirklichkeit: dem Spiel. Dabei ist, was wir sehen, ein Probehandeln mit tödlichem Ausgang.

Drei im Kreis ist eine Geschichte der Abwesenheiten, des Mangels, dessen, was fehlt – und so Begehren und Begehrlichkeiten schafft. Am Anfang des Stückes steht eine Frage. Und am Ende schließt sich der Kreis. Aber nicht durch eine Antwort – darauf dürfen wir nicht hoffen. Was dazwischen liegt und wie es dazu kam, dies gilt es zu erfahren.

Drei im Kreis konfrontiert ein Publikum mit der oft erlebten, bezeugten und gesehenen Beziehung in Schieflage. Konfrontiert es mit eigenen Ausrede-, Beschwichtigungs-, Beteuerungs-, Lügen- und Verzweiflungsstrategien. Es spielt mit der Ur-Erzählung von Pandoras Schachtel oder den haltlosen Beschwörungen des Zauberlehrlings. Es ist ein Stück der „Geister, die man rief“ um sich selbst sein Dasein, dessen tägliche Unbill, aber auch die Ängste vor dem Ende und vor dem Unbekannten erträglicher zu gestalten. Drei im Kreis ist ein Stück über die schreckliche Herrschaft von „Gott“ und „Geld“ über einen Menschen, der längst Sklave und Untertan seiner eigenen Schöpfung geworden ist. Und der auf dem Weg ist, schließlich nichts mehr als ein „Produkt“ zu sein. Es ist ein Stück über unsere Zeit und unsere Herausforderung. Ein Stück für unsere Zeit. Und eine Herausforderung.

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