Die Henkerin
Pavel KohoutDie Henkerin
(Katyně)
Tragikomödie nach seinem gleichnamigen Roman
Deutsch von Silke Klein
2 D, 16 H, Verw - Dek
Im Staat einer autoritären Demokratie soll die letzte Bastion von Männern dominierter Berufsausübung eingerissen werden. Lízinka, Tochter eines Philologen, die ihre Aufnahmeprüfung für die weiterführende Stufe des Humanistischen Gymnasiums nicht bestanden hat und auch durch alle Eignungsprüfungen zur Ausbildung in einem Handwerk gefallen ist, wird zum Studium an der Höheren Lehranstalt für Exekutionswissenschaft (Tarnname Höhere Lehranstalt für Ernährungswissenschaften, HÖHLE) angenommen. Ihre Meisterprüfung als Henkerin, Scharfrichterin, Vollstreckerin auf der Bühne der Aula im Ministerium für Hinrichtungswissenschaften, absolviert Lízinka mit sechs Gehilfen als Domina mit Zylinder und Peitsche. Zu klassischer und moderner Musik präsentiert sie die Show Strangulare humanum est, in der die verschiedensten Arten von Folter und Vollstreckung in historischen Kostümen pantomimisch vorgeführt werden. Lízinka besteht ihre Abschlussprüfung mit Bravour und wird vor dem geladenen Publikum vom Kommissionsvorsitzenden Professor Wolf umarmt und geküsst, der seinen Wissenschaftskollegen Dr. Tachecí, Vater von Lízinka, um sein Ja-Wort bittet. Zum allgemeinen Jauchzen wird ihr als Hochzeitsstrauß in Seidenpapier die abgeschnittene Schlinge des strangulierten Dozenten Schimssa überreicht.
Pavel Kohouts Theaterstück Die Henkerin ist eine Bühnenparabel, die mit den in den 60er- und 70er-Jahren berühmt gewordenen Mitteln des Absurden Theaters hantiert, wie sie vor allem die tschechischen Dramatiker Havel, Klíma und Kohout politisch wirksam eingesetzt haben. Kohouts Roman ›Die Henkerin‹ von 1978, erschienen in dreißig Ländern, war Ursache für die Ausbürgerung seines Autors. Die gegenwärtigen Entwicklungen zur Stärkung autoritärer Strukturen von Ländern selbst innerhalb der europäischen Union machen die Form der Bühnenparabel erneut aufregend. Denn es sind die demokratisch getarnten Sprachregelungen, von denen die Gefahr antidemokratischer Verblendung ausgeht.
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