Der Geizige
MolièreDer Geizige
(L'avare)
Komödie
Deutsch von Tankred Dorst
4 D, 10 H, 1 Dek
Im Hause Harpagon regiert der Geiz. Der Hausherr hortet sein Vermögen und lebt in der ständigen Furcht, betrogen und bestohlen zu werden. Raffgier und Heimtücke lauern schließlich überall, selbst in der eigenen Familie. Dabei hat Harpagon die Altersvorsorge fest im Blick: Er muss nur sich und seine Kinder möglichst profitabel verheiraten. Für Tochter Elise ist bereits der reiche Witwer Anselme auserkoren, sich selbst wiederum möchte Harpagon mit der armen Mariane verbinden. Deren Mitgift ist zwar überschaubar, dafür aber ist sie es gewohnt, ein karges Dasein zu fristen – die Einsparungen auf der Kostenseite wären also beträchtlich.
Harpagons Kinder zeigen sich jedoch uneinsichtig und beharren – wider alle ökonomische Vernunft – darauf, den Weg des Herzens zu gehen. Allen voran Sohn Cléanthe, der sich ausgerechtet in jene arme Mariane verliebt hat, die Harpagon schon auf seiner Habenseite verbucht hatte. Auch Elise weigert sich, ihre Ehe als Subventionsprogramm für ihren knauserigen Vater zu verstehen, zumal sie heimlich eine Beziehung mit dem Hausdiener Valère führt. Als dann auch noch eine Schatulle mit einer stattlichen Summe Geld verschwindet, die Harpagon im Garten verscharrt hat, macht sich im Haus endgültig Krisenstimmung breit…
Uraufgeführt 1668 in Paris, zu einer Zeit, in der in Europa die ersten großen Bankhäuser entstehen, ist der „Geizige“ aktueller denn je. Das Stück berichtet vom Irrsinn einer ökonomischen Welt, die sich anschickt, das Private völlig zu durchdringen. Die zeitlose Komik des Geizes ist zugleich von subversiver Sprengkraft. Denn Harpagons Verweigerungshaltung verstößt – darin nah verwandt mit Melvilles Bartleby und natürlich Dagobert Duck – eklatant gegen die Regel, dass Geld nur dann Sinn macht, wenn es auch ausgegeben wird. Der Impuls jedoch, sich wie Harpagon am Ende die Taler direkt in den Mund zu stopfen, dürfte in Zeiten kollabierender Aktienmärkte und permanenter Bankenkrise kein ganz unbekannter sein…
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